Abberufung als Geschäftsführer

Abberufung als Geschäftsführer: Fragen und Antworten

Das GmbH-Recht erlaubt es den Gesellschaftern, ihre Geschäftsführer auch ohne Gründe sofort von ihrem Amt abzuberufen. Nicht selten sind Geschäftsführer daher von einem auf den anderen Tag „kaltgestellt“ und mit existenziellen Fragen konfrontiert. In dieser Situation gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren und sich genau anzuschauen, welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten bestehen. Denn hat der Geschäftsführer bei der Vereinbarung seines Dienstvertrags gut vorgesorgt, ist es möglicherweise sogar er, der die besseren Karten für die Verhandlungen in der Hand hat.

Nehmen wir folgenden fiktiven Fall:

Herr X ist Geschäftsführer einer GmbH. Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub wurde ihm vom Hauptgesellschafter mitgeteilt, dass er mit sofortiger Wirkung abberufen wurde. Ein passender Gesellschafterbeschluss wurde ihm auch gleich überreicht. Er wurde nach Hause geschickt mit der Bitte, sich in einer Woche noch einmal zu einem Gespräch einzufinden. Da könne man dann über alles weitere sprechen. Herr X ist schockiert und ratlos. Es traf ihn überraschend. Viele Fragen beschäftigen ihn.

Seine Fragen an unsere Spezialisten finden Sie hier beantwortet:

 

F: Darf die Gesellschaft das, so einfach ohne Grund? Er hat sich nichts vorzuwerfen. Er hat aber die Vermutung, dass er Platz machen soll für einen Kandidaten, den der neue Investor lieber in seiner Position sehen möchtet

Die Gesellschafterversammlung einer GmbH darf den Geschäftsführer jederzeit mit sofortiger Wirkung und ohne Gründe von seinem Amt abberufen. Nur ausnahmsweise gilt das nicht, wenn die Satzung vorsieht, dass die Abberufung nur aus wichtigem Grund möglich ist.

 

F: Herr X hat doch einen Vertrag. Darin steht, dass das Dienstverhältnis für drei Jahre befristet ist und davon ist erst ein Jahr um. Das kann doch nicht so einfach durch eine Abberufung ungültig werden?

Zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer bestehen zwei Rechtsverhältnisse. Sie sind unabhängig voneinander und dürfen nicht verwechselt werden. Zum einen besteht das sogenannte Organverhältnis. Der Geschäftsführer erhält sein Amt durch die Bestellung der Gesellschafterversammlung. Von ihr kann ihm das Amt durch Abberufungsbeschluss auch wieder entzogen werden.

Daneben und grundsätzlich unabhängig davon besteht das Dienstverhältnis, dessen Konditionen in der Regel in einem Dienstvertrag vereinbart wurden.

Durch einen Abberufungsbeschluss, kann dem Geschäftsführer also zwar mit sofortiger Wirkung das Amt entzogen werden. Damit ist aber grundsätzlich noch nicht auch der Dienstvertrag beendet. Er bedarf einer separaten Kündigung.

 

F: Wenn der Dienstvertrag weiterhin besteht, obwohl X. sein Amt los ist, bedeutet das, er bekommt weiterhin sein monatliches Gehalt und muss dafür nicht arbeiten?

Hat die Gesellschaft den Geschäftsführer von seinem Amt abberufen und ihm dadurch die Möglichkeit genommen, seine Aufgaben auch vertragsgerecht wahrzunehmen, muss sie den weiterhin bestehenden Dienstvertrag trotzdem erfüllen. Sieht der Dienstvertrag nicht vor, dass der Geschäftsführer in diesem Fall auch andere Aufgaben übernehmen muss, muss die Gesellschaft ihm die Vergütung zahlen, obwohl er keine Leistungen mehr erbringt.

Die Gesellschaft müsste den Dienstvertrag also zusätzlich kündigen, um nicht weiterhin Vergütung zahlen zu müssen, obwohl sie dafür keine Gegenleistung erhält. Für eine ordentliche Kündigung eines Geschäftsführers müssen keine besonderen Kündigungsgründe bestehen. Geschäftsführer genießen keinen Kündigungsschutz wie Arbeitnehmer. Die maßgebliche Kündigungsfrist, welche meist im Dienstvertrag festgelegt ist, muss allerdings eingehalten werden.

 

 

Oft sind Geschäftsführerdienstverträge wie bei Herrn X befristet. Ist in diesem Fall nicht zusätzlich eine Kündigungsmöglichkeit für die Zeit während der Befristung vorgesehen, kann das Dienstverhältnis vorzeitig nur außerordentlich fristlos gekündigt werden. Dafür braucht es einen wichtigen Grund.

Häufig versuchen Gesellschaften diese nachteilige Situation mit einer sogenannten Koppelungsklausel im Dienstvertrag zu verbessern. Die Koppelungsklausel soll bei einem Widerruf der Bestellung automatisch auch den Dienstvertrag beenden.

Herr X. muss also seinen Dienstvertrag überprüfen, um Klarheit darüber zu haben, ob er nicht nur abberufen, sondern auch gekündigt werden kann, oder sein Vertrag sogar eine Koppelungsklausel enthält. Wenn er die Koppelungsklausel im Vertrag findet, sollte er sich unbedingt beraten lassen. In vielen Fällen sind die Klauseln nicht wirksam oder können den Dienstvertrag zumindest nicht sofort beenden. Dann kann die Gesellschaft nicht ohne Weiteres und ohne besondere Gründe eine sofortige Beendigung des Dienstvertrages verlangen.

Herr X. sollte auch prüfen, ob sein Vertrag nicht möglicherweise eine Klausel enthält, die ihn verpflichtet, im Fall der vorzeitigen Abberufung eine andere Aufgabe unterhalb der Geschäftsführerebene zu übernehmen.

 

F: Und falls der Dienstvertrag tatsächlich noch eine Weile besteht, zumindest bis zum Ende der Kündigungsfrist, was ist dann mit seinem Bonus und dem Dienstwagen? Im Dienstvertrag ist vereinbart, dass Herr X. das Fahrzeug dienstlich und privat nutzen darf. Dienstlich benötigt er es jetzt wohl nicht mehr. Privat möchte er aber nicht darauf verzichten.

Entscheidend sind die Regelungen im Dienstvertrag. Für den Dienstwagen kommt es zum Beispiel darauf an, ob vorgesehen ist, dass das Auto bei einem vorzeitigen Widerruf der Bestellung auch vorzeitig herausgegeben werden muss, obwohl der Dienstvertrag noch weiter besteht.

Bezogen auf die variable Vergütung können sich viele Fragen stellen: Muss sie überhaupt weitergezahlt werden? Wie berechnet sich ein Bonus, wenn dessen Höhe vom Erreichen bestimmter Leistungsziele des Geschäftsführers abhängig ist, die aber wegen der Abberufung gar nicht mehr erreichbar sind? Auch dafür sind die vertraglichen Vereinbarungen entscheidend und auch hierzu sollte sich Herr X. beraten lassen.

 

F: Auch wenn Herr X. für die verbleibenden zwei Jahre der Laufzeit seines Dienstvertrages nicht arbeiten muss, möchte er weiter Karriere machen. Kann er denn während dieser Zeit auch für eine andere Firma arbeiten oder sich selbstständig machen? Gerade für die Selbständigkeit wäre es doch eine ideale Chance, wenn er den Schritt wagen könnte und trotzdem durch die weiteren Gehaltszahlungen aus dem Dienstvertrag abgesichert wäre.

Vorsicht![LA1]  Der Geschäftsführer unterliegt während der Dauer des Dienstverhältnisses einem Wettbewerbsverbot. Auch wenn er wegen der Abberufung seinen Vertrag nicht mehr erfüllen kann, besteht dieses Wettbewerbsverbot weiter. Er darf also nicht während der Restlaufzeit des Vertrages für Konkurrenten tätig sein.

Wenn er allerdings die freie Zeit nutzt, um einer anderen Tätigkeit nachzugehen, die nicht in Konkurrenz zu seiner bisherigen Gesellschaft steht, muss er sich den dort erzielten Verdienst auf das Gehalt aus dem noch laufenden Dienstvertrag anrechnen lassen.

 

F: Herr X. möchte nicht zwei Jahre lang warten, bis er wieder frei wählen kann, für wen er arbeitet. Das wäre für seine Karriere überhaupt nicht günstig. Könnte er nicht auch sofort gehen und eine Abfindung verlangen? Für ihn ist es nicht hinnehmbar, dass man ihn so einfach „kaltstellt“, ganz zu schweigen von dem Reputationsschaden, den er haben könnte, wenn das bekannt wird. Dann beginnt doch die Gerüchteküche zu kochen.

Grundsätzlich ist auch X. an die im Dienstvertrag vereinbarten Kündigungsfristen gebunden. Ist für die Dauer der Befristung eine vorzeitige Kündigung gar nicht möglich, könnte auch er den Dienstvertrag grundsätzlich nicht vorzeitig beenden. Eventuell kann aber die grundlose vorzeitige Abberufung ein Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung sein.

Einen Abfindungsanspruch hat er aber auch in diesem Fall grundsätzlich nicht. Eine Abfindung muss entweder von vornherein im Anstellungsvertrag vereinbart sein, oder X. müsste darüber  mit der Gesellschafterversammlung verhandeln. Wenn die Gesellschaft bis zum Ablauf der Befristung die volle Vergütung weiterzahlen müsste, ihm unter Umständen auch den Dienstwagen zur privaten Nutzung belassen müsste und auch eine variable Vergütung zahlen müsste, wirkt sich das regelmäßig auf die Bereitschaft zur Verhandlung aus. Hier braucht es eine gute Vorbereitung und einen sachlichen, wenig emotionalen Stil, um die besten Ergebnisse zu erzielen.

Diese Ansprüche bestehen aber nicht mehr, wenn Herr X. selber fristlos kündigt. Er sollte eine fristlose Kündigung daher nicht überstürzen.

Kaltgestellt? Dann stehen wir gern zur Verfügung. Ihre Spezialisten zu Fragen von Kopplungsverträgen und Kaltstellungen von Geschäftsführern:

Bernhard Steinkühler und Kati Kunze
Fachanwälte für Arbeitsrecht

T + 49 30 31 80 59 49
kontakt@steinkuehler-legal.com