Erleichterter Weg zum Arbeitsgericht für Geschäftsführer

Erleichterter Weg zum Arbeitsgericht für Geschäftsführer

Fachanwältin für Arbeitsrecht Kati Kunze zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Geschäftsführer-Klagen.

3. Dezember 2015 – Beitrag von Kati Kunze

Mit Urteil vom 8. September 2015 (9 AZB 21/15) bestätigte und konkretisierte das Bundesarbeitsgericht noch einmal seinen bereits mit zwei Urteilen vom 22. Oktober 2014 und vom 3. Dezember 2014 eingeschlagenen Weg, auch GmbH-Geschäftsführern zumindest nach deren Abberufung den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zu ermöglichen.

Geschäftsführer einer GmbH vertreten diese gemäß § 37 GmbHG außergerichtlich und gerichtlich. Als gesetzlichen Vertretern einer Gesellschaft war ihnen daher bisher der Weg zu den Arbeitsgerichten i.d.R. versperrt. Dies beruhte auf zwei Regelungen im Arbeitsgerichtsgesetz: § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG beschränkt die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nur auf Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung juristischer Personen berufen sind (sog. Organmitglieder) per se nicht als Arbeitnehmer. Zweck der Regelung ist, dass Organmitglieder keinen Rechtsstreit im „Arbeitgeberlager“ vor dem Arbeitsgericht führen sollen. Der Geschäftsführer muss danach den im Vergleich zum Arbeitsgerichtsprozess in der Regel langwierigeren und ggf. teureren Weg über die ordentlichen Gerichte, meist die Kammer für Handelssachen beim Landgericht, gehen.

Mit den genannten Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht dem nun zeitliche Grenzen gesetzt: Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG steht einer Klage vor dem Arbeitsgericht nur während der Amtszeit des Geschäftsführers entgegen. Sobald der Geschäftsführer von seinem Amt abberufen wurde oder dieses niedergelegt hat, kann auch ihm der Weg zu den Arbeitsgerichten offen stehen. Dies gilt selbst dann, wenn der Geschäftsführer bei Klageerhebung noch im Amt ist, sofern er jedenfalls noch vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit abberufen wird bzw. sein Amt niederlegt.

Allein der Wegfall der Sperrwirkung § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG mit Ende der Amtszeit des Geschäftsführers begründet allerdings noch nicht zwingend die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Geschäftsführer-Klagen. Das Arbeitsgericht ist zuständig, wenn es sich bei der Klage um eine Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus einem Arbeitsverhältnis handelt. Grundsätzlich werden Geschäftsführer-Dienstverhältnisse jedoch nicht als Arbeitsverhältnisse angesehen. Nur ganz ausnahmsweise kann dies der Fall sein, z.B. wenn ein Geschäftsführer im Verhältnis zu den Gesellschaftern der GmbH so strengen Weisungen und Beschränkungen unterlieg wie sonst nur ein Arbeitnehmer oder wenn neben dem Geschäftsführer-Dienstverhältnis noch ein ruhendes Arbeitsverhältnis bestand, das nach dem Ende der Amtszeit wieder auflebt.

Was der Geschäftsführer vortragen muss, um die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts zu begründen, ist daher abhängig vom Inhalt der Klage. Macht er das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder die Unwirksamkeit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses geltend, ist es für die Eröffnung des Rechtsweges zum Arbeitsgericht ausreichend, wenn er mit der Klageschrift das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses behauptet. Auch dies hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil vom 8. September 2015 noch einmal bestätigt.

Ob die bloße Behauptung eines Arbeitsverhältnisses dem Geschäftsführer die Tür zum Arbeitsgericht auch dann öffnet, wenn er mit der Klage andere Ansprüche geltend macht, insbesondere bei Zahlungsklagen, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings offen gelassen. Die Besonderheit besteht bei diesen Fällen darin, dass Zahlungsansprüche des Geschäftsführers aus dem Geschäftsführer-Dienstvertrag auch dann bestehen können, wenn das Dienstverhältnis kein Arbeitsverhältnis ist. Bei diesen Konstellationen hängt somit bereits die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte von der Qualifizierung des Rechtsverhältnisses ab, auf dem die Ansprüche beruhen sollen. Beschränkt sich der Geschäftsführer in diesen Fällen auf die bloße Behauptung eines Arbeitsverhältnisses ohne schlüssig Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, worauf diese Annahme beruht, riskiert er, dass das angerufene Arbeitsgericht sich schon für nicht zuständig erachtet.

Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestehen für Geschäftsführer nach Ende ihrer Amtszeit somit zwar nun bessere Chancen, vor dem Arbeitsgericht zu klagen. Ob dies möglich ist, ist jedoch vom Einzelfall abhängig.

Nicht übersehen werden sollte letztlich auch:
Ob sich das Arbeitsgericht mit einem Rechtsstreit befassen muss, sagt selbstverständlich noch nichts darüber aus, ob es das Vertragsverhältnis tatsächlich als Arbeitsverhältnis ansieht und der klagende (ehemalige) Geschäftsführer sich auf Arbeitnehmerrechte, insbesondere das Kündigungsschutzgesetz berufen kann. In der Sache selbst ist mit der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts daher noch nichts gewonnen, aber auch nichts verloren. Im Gegenteil: Der für Arbeitsgerichtsverfahren geltende Beschleunigungsgrundsatz, die günstigeren Kostenregelungen und die Vergleichsmöglichkeiten durch das vorgeschaltete Güteverfahren sind strategische Vorteile, die i.d.R. für den Weg zu Arbeitsgericht sprechen.