Neue Kostenfalle bei der betrieblichen Altersversorgung – Was Arbeitgeber beachten müssen

Neue Kostenfalle bei der betrieblichen Altersversorgung – Was Arbeitgeber beachten müssen

21. Februar 2017 – Beitrag von Kati Kunze

Die betriebliche Altersversorgung erfolgt häufig über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse.

Diese beiden Möglichkeiten sind auch deshalb sehr beliebt, weil der Arbeitgeber in diesen Fällen davon ausgeht, seine Verpflichtung beschränke sich allenfalls auf die Zahlung der dem Arbeitnehmer zugesagten Versicherungsbeiträge, weil die spätere Betriebsrente die Versicherung zu zahlen hat.

Endet das Arbeitsverhältnis vor Erreichen der Altersgrenze für den Bezug der Betriebsrente und besteht zu diesem Zeitpunkt bereits eine unverfallbare Anwartschaft, kann der Arbeitgeber aber nur dann sicher sein, später nicht doch selbst – zumindest teilweise – für die Betriebsrente aufkommen zu müssen, wenn er dies gegenüber Arbeitnehmer und Versicherung erklärt:

Haftungsbeschränkung durch sog. versicherungsförmige Lösung:

Der Arbeitgeber kann gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) für die Direktversicherung bzw. § 2 Abs. 3 S. 2 BetrAVG für die Pensionskasse für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens mit einer unverfallbaren Anwartschaft verlangen, dass die Ansprüche des Arbeitnehmers auf die in der Direktversicherung bzw. der Pensionskasse angesparten Leistungen beschränkt werden (sog. versicherungsförmige Lösung).

Gibt der Arbeitgeber dazu keine Erklärung ab, wären die Betriebsrentenansprüche zeitanteilig zu ermitteln (sog. ratierliche Berechnung). Dieser zeitanteilige Anteil kann unter Umständen höher als der in der Versicherung angesparte Anspruch sein (z.B. wenn der Arbeitnehmer die Versorgungszusage erst nach längerer Unternehmenszugehörigkeit erhalten hat). Der Arbeitgeber wäre dann bei Eintritt des Versorgungsfalles verpflichtet, die Differenz zur angesparten Versicherungssumme selbst auszugleichen.

Diese Haftung kann der Arbeitgeber vermeiden, wenn er die versicherungsförmige Lösung wählt. Er muss dies aber innerhalb von spätestens drei Monaten nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers sowohl ihm als auch der Versicherung mitteilen. Außerdem müssen die sog. sozialen Auflagen erfüllt sein: Der Arbeitgeber muss dem Versorgungsberechtigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht einräumen und alle Beleihungen, Abtretungen oder etwaigen Beitragsrückstände beseitigen. Ferner muss die Versicherung die Überschussanteile leistungserhöhend verwenden und dem Arbeitnehmer muss das Recht zur Fortsetzung mit eigenen Beiträgen eingeräumt werden.

Bisherige Praxis:

Vielen Arbeitgebern ist nicht bekannt, dass ein Wahlrecht zwischen sog. versicherungsförmiger Lösung und ratierlicher Berechnung besteht und dass dieses Recht nur innerhalb der gesetzlichen Frist wahrgenommen werden kann.

Grund dafür ist, dass es bisher üblich war, das Verlangen der versicherungsförmigen Lösung bereits bei der Erteilung einer Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vorzusehen. Damit sollte vermieden werden, dass die wichtige Mitteilung beim Ausscheiden des Arbeitnehmers in Vergessenheit gerät. In den meisten Fällen war es daher bereits im Versicherungsvertrag und/oder der Versorgungszusage vereinbart.

Neue Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts:

Diesem Vorgehen hat das Bundesarbeitsgericht mit einer Entscheidung vom 19. Mai 2016 eine Absage erteilt. Zwar soll es danach immer noch zulässig sein, die Wahl der versicherungsförmigen Lösung bereits vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirksam zu erklären. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung muss jedoch ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einer konkret bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehen (BAG, Urteil vom 19. Mai 2016 – 3 AZR 794/14 – juris). Dies ist aber i.d.R. nicht der Fall, wenn das Wahlrecht schon bei Erteilung der Versorgungszusage ausgeübt wird, obwohl die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht relevant ist.

Was zukünftig zu beachten ist:

  • Wird die Wahl der versicherungsförmigen Lösung auch weiterhin bereits mit der Erteilung der Versorgungszusage mitgeteilt, ist dies i.d.R. wirkungslos, weil der Arbeitgeber sein Wahlrecht damit noch nicht wirksam ausgeübt hat. Im Ergebnis bedeutet dies, dass zwar die bisherigen Versorgungszusagen nicht geändert werden müssen, aber eine Praxis entwickelt werden sollte, die ein (zusätzliches) wirksames und fristgerechtes Verlangen der versicherungsförmigen Lösung sicherstellt.
  • Zukünftig sollte daher gegenüber Arbeitnehmern, denen eine betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung oder Pensionskasse zugesagt wurde spätestens innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Wahl der versicherungsförmigen Lösung erklärt werden. Zwar sieht das Gesetz keine bestimmte Form vor, eine schriftliche Erklärung ist jedoch ratsam. Die Mitteilung kann auch im Kündigungsschreiben erfolgen. Um dieses jedoch auch weiterhin möglichst kurz zu halten und nicht mit Details zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses zu „überfrachten“ kann es sich aber anbieten, dem Arbeitnehmer die Erklärung mittels eines für diese Fälle vorgehaltenen Formschreibens mit der Endabrechnung und den weiteren Arbeitspapieren zukommen zu lassen. Der Arbeitgeber muss allerdings den Erhalt der Erklärung sicherstellen und dokumentieren. Eine Übersendung lediglich auf dem Postweg gewährleistet dies nicht. Es sollte eine Zustellung gewählt werden, die (wie z.B. eine persönliche Übergabe unter Zeugen oder die Zustellung durch Boten) auch beweisfähig und gerichtsfest ist. Wird ein Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag geschlossen, sollte die Erklärung zukünftig Bestandteil dieses Vertrages sein.
  • Bei der versicherungsförmigen Lösung ist die Erklärung auch gegenüber dem Versicherer innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugeben.