Banker und der Brexit: Kündigungsschutz für Führungskräfte

Banker und der Brexit: Kündigungsschutz für Führungskräfte

Neuregelung im Brexit-Steuerbegleitgesetz

10. Mai 2019 – Beitrag von Kati Kunze

Für Führungskräfte in Banken kann der nahende Brexit Einschränkungen ihres Kündigungsschutzes mit sich bringen.

Gemäß der Neuregelung in § 25 Abs. 5a Kreditwesengesetzes (KWG) – die nur eine der Neuerungen des Brexit-Steuerbegleitgesetzes ist – können Arbeitsverhältnisse mit sogenannten Risikoträgern bedeutender Kreditinstitute ab einer bestimmten Einkommensgrenze ohne besondere Begründung gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst werden.

Bedeutende Kreditinstitute i.S.d. KWG sind solche, deren Bilanzsumme zu den jeweiligen Stichtagen im Durchschnitt der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre 15 Mrd. € erreicht oder überschritten hat. Die erleichterte Beendigungsmöglichkeit besteht für Arbeitsverhältnisse mit Führungskräften,deren jährliche fixe Vergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung überschreitet, vorausgesetzt sie sind auch Risikoträger. Nach den Vorgaben des Kreditwesengesetzes und der Institutsvergütungsverordnung sind das Mitarbeiter, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt.

Die Neufassung des KWG ist am 29.03.2019 in Kraft getreten. Von der erleichterten Beendigungsmöglichkeit kann jedoch erst bei Kündigungen Gebrauch gemacht werden, die nach dem 29.11.2019 ausgesprochen werden, weil das Gesetz eine Übergangsphase von acht Monaten vorsieht.

Kündigungsschutz für Banker adé?

Dies bedeutet nun aber nicht, dass Top-Banker gar keinen Kündigungsschutz mehr hätten. Die im Gesetz für die Berechnung der Einkommensgrenze angesprochene Beitragsbemessungsgrenze liegt derzeit bei 6.700,00 € brutto monatlich für die alten Bundesländer und bei 6.150,00 € brutto monatlich für die neuen Bundeländer. Da das Dreifache dieser Grenze überschritten sein muss, sind also Führungskräfte in Banken erst betroffen, wenn ihr Jahreseinkommen (ohne Boni) 241.200,00 € brutto (west)/221.400,00 € brutto (ost) übersteigt.
 
Außerdem muss das Kreditinstitut zunächst die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung versuchen. Erhebt die Führungskraft dagegen Kündigungsschutzklage, muss die Bank die Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung darlegen können. Besondere betriebsbedingte, verhaltensbedingte oder personenbedingte Gründe können eine Kündigung rechtfertigen. Nur wenn dies nicht gelingt, besteht die Möglichkeit, dass das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis dennoch gegen Zahlung einer Abfindung auflöst.

Was ist beim Kündigungsschutz für Banker neu?

Das beschriebene Procedere an sich ist nicht neu. Das Kündigungsschutzgesetz kennt es auch bisher und für alle Branchen und Arbeitnehmer. Regelmäßig bedarf ein solcher Auflösungsantrag aber einer besonderen Begründung. Denn das Arbeitsgericht darf einem Auflösungsantrag nur stattgeben, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für das Unternehmen unzumutbar ist. Nur bei sogenannten Leitenden Angestellten ist eine Begründung des Auflösungsantrages nicht erforderlich. Selbst Top-Führungskräfte mit viel Verantwortung und hoher Vergütung sind oft dennoch keine Leitenden Angestellten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, weil es meist an der geforderten selbständigen Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis für andere Arbeitnehmer fehlt. Dieses Hindernis wurde Kreditinstituten für Auflösungsanträge von Arbeitsverhältnissen mit Top-Bankern nun durch die Neuregelung im Kreditwesengesetz (KWG) genommen. Nach dieser neuen Regelung werden alle Risikoträger, die die Vergütungsgrenze überschreiten, Leitenden Angestellten gleichgestellt. Banken können so leichter kündigen.

Sonderarbeitsrecht für Banken: Vor- und Nachteile

Auch wenn die Neuregelung sicherlich nur für einen überschaubaren Kreis von Führungskräften gilt, ist sie beachtlich. Nicht nur, weil sie sich nicht im Kündigungsschutzgesetz befindet, obwohl sie Ausnahmen dazu regelt und daher leicht übersehen werden kann. Mit ihr wird – und das ist bisher einzigartig – Sonderarbeitsrecht für eine bestimmte Branche geschaffen, das sowohl für die betroffenen Unternehmen als auch die Führungskräfte Auswirkungen hat:

  • Durch die Gleichstellung der Risikoträger mit Leitenden Angestellten wird bedeutenden Kreditinstituten nicht nur eine leichtere Beendigung der Arbeitsverhältnisse ermöglicht. Es wird Ihnen damit auch eines der Hauptrisiken des Kündigungsschutzprozesses genommen. Denn auch wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur gegen Zahlung einer Abfindung möglich ist und diese erheblich sein kann, ist sie – insbesondere bei langwierigen Prozessen – unter Umständen nicht ansatzweise so hoch, wie das anderenfalls möglicherweise bestehende Annahmeverzugsrisiko. Denn die Höhe der im Fall eines Auflösungsantrages zuzusprechenden Abfindung ist gesetzlich beschränkt. Die vom Gericht festzulegende angemessene Abfindung ist grundsätzlich auf zwölf Monatsgehälter gedeckelt. Nur bei langer Betriebszugehörigkeit kann sie auf bis zu 18 Monatsgehälter erhöht werden. Es ist aber nicht in jedem Fall die Höchstabfindung zuzusprechen. Bei der Bemessung der Abfindung haben die Gerichte die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Nach der derzeitigen Praxis der Arbeitsgerichte sind Abfindungen zwischen einem halben und einem ganzen Brutto-Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr üblich.
  • Genau dies wiederum schwächt die Verhandlungsposition der Führungskräfte, ganz abgesehen davon, dass der Bestandsschutz ihres Arbeitsverhältnisses durch die Neuregelung grundsätzlich in einen Abfindungsschutz abgemildert wird. Gegebenenfalls sollte dies zukünftig bereits bei der Verhandlung der Konditionen des Arbeitsvertrages berücksichtigt werden.
  • Die neue Neuregelung bringt u.U. aber auch Vorteile für die betroffenen Banker. Bei einem Jahreseinkommen von mehr als 241.200,00 € brutto (west)/221.400,00 € brutto (ost) könnte damit möglicherweise das gemäß Institutsvergütungsverordnung geltende Abfindungs-Cap überschritten werden. Denn die Deckelung gilt nicht in Fällen, in denen ein Gericht eine Abfindungszahlung für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festlegt. Ob die Gerichte in entsprechenden Fällen das Abfindungs-Cap bei der Bemessung der Abfindung gegebenenfalls dennoch von sich aus berücksichtigen werden oder sogar berücksichtigen müssen, bleibt abzuwarten.
  • Dass die Gerichte sich bei der Entscheidung über entsprechende Auflösungsanträge grundsätzlich mit den finanzmarktrechtlichen Regelungen auseinanderzusetzen haben, schon um zu entscheiden, ob die betroffenen Banker tatsächlich sog. Risikoträger sind, steht hingegen fest.